Zum Hauptinhalt springen

Rammsteins "Engel" und "Biene Maja" fliegen wieder

Bad Camberg. 
Was stört der Sommerregen, wenn man in einem lauschigen Weinlokal unter dicken Planen sitzt und einen munteren Musiknachmittag mit den "Coolen" erlebt? Dieser A-cappella-Chor ist wasserfest. Allenfalls der Bass stand bei diesem Konzert bisweilen im Regen, aber nur weil die Überdachung ein wenig knapp bemessen war.

Zu hören aber war das nicht bei diesem sehr ausgewogenen, gut gestimmten und bemerkenswert vielseitigen Ensemble, das seine Gäste mit dem zwar immer wieder lustigen, aber arg überstrapazierten Lied "Schöne Leute" begrüßte. Selbstverständlich saßen nur "schöne Leute" im Publikum, denn die "hässlichen haben sie weggesperrt", sangen die Coolen zum netten, aber wenig originellen Auftakt.

Wirklich witzig wurden die Sänger bei ihren ausgefeilteren Arrangements, etwa bei "Half a minute", einer eigentlich seichten Kaffeehausschnulze von Matt Bianco. Bei den Coolen klang diese Musik nach Pep und Swing und drehte sich so wundervoll harmonisch ins Ohr, dass man gern bereit war, "half a minute" mindestens fünf Minuten lang zu hören und auch zu sehen.

Denn diese Truppe war nicht nur ein akustisches, sondern auch ein optisches Erlebnis – und das nicht wegen ihrer schwarzen T-Shirts oder der verwegen dunklen Sonnenbrillen. Vielmehr steckten diese Sänger so voller Musik, dass sie nicht einfach statisch dastanden und Lieder vortrugen. Ganz leicht und lässig bewegten sie sich da, und das war tatsächlich cool.

Die hervorragend dosierte Mischung aus angenehm ernsthafter Musik und virtuos vorgetragenem Klamauk beeindruckte bei diesem Programm. Da trug der Chor die wundervoll sanfte Ballade "Lonesome road" vor und schob gleich anschließend eine frech schillernde Version von "Biene Maja" hinterher. Die flog fröhlich singend "in einem unbekannten Land" umher, während Freund Willi immer mal wieder dazwischen quakte. Das war lustig, nicht lächerlich, weil die Sänger hier eine musikalisch hochwertige Präsentation boten – auch ohne den tschechischen Schmalz-Sound von Karel Gott.

Der Rammstein-Titel "Engel" mit wummernder Mouth- und Body-Percussion oder die Wise-Guys-Version von "King of the road" waren ebenso eindrückliche Beweise für die musikalische Vielseitigkeit und den Humor der Coolen wie ihre Interpretation von "Du zweite Wahl" des A-Capella-Quartetts Maybebop. Ein etwas zweifelhafter Hochzeitshit ist diese Komposition, in dem der Angebeteten versprochen wird, die Einzige und Allerliebste zu sein – jedenfalls solange, bis "eine Bessere kommt". Den Zuhörern im Garten an der Stadtmauer gefiel diese musikalische Perspektive. Sie waren an diesem Nachmittag jedenfalls die erste Wahl. Viel und lang anhaltenden Beifall gab es zum Abschied – und einen schwungvollen Hessen-Rap als Zugabe.

 

Nassauische Neue Presse vom 15. August 2011