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So funktioniert Chormusik

15.06.2016 Von Petra Hackert

Eine Lehrstunde in Sachen Chormusik erlebten die Zuhörer am Sonntagabend beim Konzert der „Coolen“ und Freunden im Bad Camberger Kurhaus. Der Abend war vielfältig: Konzerterlebnis, Unterricht und Mitmach-Part für das Publikum.

Bad Camberg. 

Zwei Tage Chorworkshop haben ihre Spuren hinterlassen – bei den Teilnehmern, den „Coolen“, die ein ungewohnt kurzes Konzert gaben (denn es sollten noch drei weitere Ensembles auftreten) und beim Publikum, das kurzerhand zum Teil eines riesengroßen Chors wurde. Dies geschah, als das „Freeplay-Duo“ alle mit einband in „Me and Julio down by the schoolyard“. Diese Paul-Simon-Zeile, variantenreich gesungen, dürfte wohl so einigen länger in Erinnerung bleiben.

Die Details auch. Denn davon war dieser Abend reich bestückt. Stimmakrobatik, Percussions vom Feinsten und immer vokal, eine genaue Umsetzung, die Basis ist für kleine Schmankerl – das ist man von den „Coolen“ gewohnt, und das lieferte der Chor unter Leitung von Ulrich Diehl am Sonntagabend eine gute Stunde lang. Ob „Engel“ von Rammstein, „Eye of the tiger“ oder als freche, frische Zugabe Herbert Grönemeyers Lied von der Parkplatzsuche, bei dem alle über die Bühne eilten und ein wenig „Rush-Hour“ simulierten – die „Coolen“ hatten das Publikum schnell begeistert. Wie das funktioniert, erklärt sich vielleicht am besten beim Queen-Song „Under pressure“: Sie ersetzten eine komplette Band, ließen die Töne an- und abschwellen, erreichten eine Steigerung, die auf den Punkt gebracht endete: Kein Wunder, dass die Aufmerksamkeit der Zuhörer jede Sekunde auf der Bühne war.

Nach der Pause der Wechsel: Die drei Kanadier Dylan Bell (Gesang und E-Gitarre), Suba Sankaran (Gesang) und Ed Hanley an der Tabla sind das Autorickshaw-Trio. So präsentierten sie Songs im indischen Stil, wechselten zu Rock und Pop – das dann alleine vorgetragen von Bell und Sankaran als „Freeplay Duo“. Sie hatten den Chorworkshop geleitet, und das Ergebnis kam gleich mit auf die Bühne.

Die einzige Gelegenheit

Ein Chor, den es so gar nicht gibt, hatte sich nur für diesen Sonntagabend formiert. Es begann mit Paul Simons „Call me Al“. Es folgten viele Experimente mit den drei Profis und ein akustischer Einblick in die Vielschichtigkeit ihrer Musik. Die Loop-Technik macht’s möglich: Einzelne Passagen wurden aufgenommen, und so unterlegten die beiden sich selbst immer wieder nur mit ihrer Stimme, die mehr ist als Gesang, sondern alle Instrumente umfasst, die nötig sind, um diese Musik zu einem Erlebnis zu machen. Gleichzeitig ein Lernerfolg für das Publikum, das die folgerichtige Steigerung umso mehr genoss.

Die Zuhörer hatten dazugelernt, und so war auch für sie das finale Lied, John Farnhams „The Voice“ in einem Arrangement von Ulrich Diehl, ein intensiver Eindruck. Dafür sorgten über 30 Sängerinnen und Sänger auf der Bühne, darunter ganz starken „Coole“ im Chor, die drei Profis und der durch die Tabla unterlegte besonders akzentuierte Rhythmus.

Das geht ins Blut, und genau so ist es gewollt. Musik pur. Dafür gab es langanhaltenden Applaus, und die rund 200 Zuhörer erhoben sich dabei anerkennend von ihren Plätzen. Bravo!